Gespeichert von Tim Stoffregen am
Passend zum Sommerbeginn will ich an dieser Stelle darüber aufklären, dass es nicht nur die nasskalte Herbst- und Winterzeit ist, die uns in Innenräumen Schimmelbefall bescheren kann.
Das Stichwort lautet: Sommerkondensation
Was verbirgt sich dahinter und warum sollte ausgerechnet trockenes und warmes Wetter Schimmelwachstum begünstigen. Schimmelwachstum ist doch abhängig von hohen Feuchtigkeitswerten, oder nicht?
Genauso ist es und deshalb sind warme Außentemperaturen in bestimmten Räumen tatsächlich ein Problem. Am einfachsten und ohne komplizierte physikalische Zusammenhänge im Einzelnen verstehen zu müssen ist die Problematik nachzuvollziehen, wenn man sich ein schönes kaltes Bier (wahlweise auch eine kalte Cola oder irgendein anders Kaltgetränk) vorstellt, welches einem an einem heißen Hochsommertag in einem Glas auf der Terrasse eines Restaurants gereicht wird.
Wohl jeder hat das Bild vor Augen, dass an diesem Glas viele große Wassertropfen hängen bzw. sogar herunterlaufen und den Untersetzer aus Pappe durchfeuchten.
Woher das Wasser kommt, ist für viele auch kein großes Geheimnis: Aus der Luft. Dieses Wasser wird gern als Schwitzwasser bezeichnet, wobei dieser Begriff irreführend ist. Denn beim herkömmlichen Schwitzen wird das Wasser ja von unserem Körper abgegeben. Das gewöhnliche Getränkeglas dürfte dahingegen nicht über Schweißdrüsen verfügen. Und undicht, so dass das Getränk durch Poren austreten könnte sind die Gläser weder sommers noch winters.
„Schwitzwasser“ entsteht, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind:
Erstens muss die Luft Wasser enthalten. Das tut sie umso mehr, je höher die Lufttemperatur ist, denn warme Luft kann mehr Wasser „speichern“ als kalte Luft. Dies ist ein ähnlicher Effekt wie der, dass in warmem Wasser Zucker schneller und in höherer Konzentration gelöst werden kann, als in kälterem Wasser. Somit können die Werte der absoluten Feuchte von warmer Luft (gemessen in g/m³) wesentlich höher ausfallen als bei kalten Lufttemperaturen. Die relative Luftfeuchte hingegen kann jeweils nur bis 100 % ansteigen. Bei 100 % ist die Luft gesättigt, was bedeutet, dass sie bei gegebener Temperatur keine weitere Feuchtigkeit aufnehmen kann.
Zweitens muss ein ausreichender Temperaturunterschied zwischen dieser warmen Luft und der betreffenden kalten Oberfläche herrschen. Die Luft hat unter sommerlichen Bedingungen (25°C, 60 % rel. Feuchte) einen Wassergehalt (absolute Feuchte) von fast 14g/m³. Wenn diese Luft mit einer kalten Oberfläche in Berührung kommt und daraufhin abkühlt, sind 100% Luftfeuchte bei 16,5° C erreicht. Das bedeutet, dass unterhalb dieser Oberflächentemperatur „Schwitzwasser“ anfällt.
Diese sogenannte Sommerkondensation findet auch an allen entsprechend kalten Wandoberflächen statt. Meist handelt es sich um ungedämmte (Keller-)Wände, die direkten Kontakt zum Erdreich haben. Derselbe Effekt tritt auch bei unzureichend gedämmten Fußböden auf, bei denen dann z.B. ohne ersichtlichen Grund die Bodenfliesen anfangen zu „schwitzen“. Alle erdberührten und nicht ausreichend gedämmten Bauteile eines Gebäudes, also z.B. die Wände von Souterrain-Wohnungen oder Tiefgaragenwände haben mit Schwitzwasser zu kämpfen, sofern warme Luft zugeführt wird.
Ausschlaggebend für die vergleichsweise niedrigen Oberflächentemperaturen erdberührter Bauteile ist der Umstand, dass das Erdreich über das Jahr nur geringe Temperaturschwankungen aufweist. In unseren Breitengraden werden auch im tiefsten Winter in 2 m Tiefe deutlich über 10 Grad Celsius gemessen. Umgekehrt werden im heißesten Sommer in 2m Tiefe keine 15 °C erreicht. Eine Phasenverschiebung bewirkt, dass die kältesten Temperaturen im Erdreich etwa Anfang Mai vorgefunden werden. Zu dieser Jahreszeit gibt es häufig schon richtig sommerliche Klimabedingungen. Sommerkondensation findet also gern auch schon im Frühling statt.
In Bezug auf das Schimmelwachstum kommt erschwerend hinzu, das Schimmelpilze zum Wachstum auf Oberflächen gar kein flüssiges Wasser benötigen, sondern regelmäßig schon ab 80 % Luftfeuchte an der Oberfläche „aktiv werden“, sprich wachsen. In unserem Beispiel herrscht somit bereits ab einer Oberflächentemperatur von etwa 20° C Schimmelgefahr.
Die Frage, wie man der Gefahr von Schimmelwachstum aufgrund von Sommerkondensation entgegenwirken kann, wird unter dem Punkt FAQ („Wieso schimmelt es in unserem Keller, obwohl wir ausreichend lüften?“) beantwortet.
Fazit: Auch zur Sommerszeit kann Schimmelbefall im Innenräumen ein akutes Problem darstellen.
Interessante Sonderfälle von Sommerkondensation in Wohnräumen werden im nächsten Blogeintrag vorgestellt.