Gespeichert von Tim Stoffregen am
Raumklima und Schimmelwachstum
Warum sollten sich Wohnungsnutzer mit dem Thema „Raumklima und Schimmel“ beschäftigen?
Von vielen Mietern wird der Hinweis auf das „richtige“ Heizen und Lüften zur Vermeidung von Schimmel als lästig empfunden, weil es häufig von Vermieterseite thematisiert wird, wenn es um Ursachenklärung (meist gleichbedeutend mit Schuldzuweisungen) für den Schimmelbefall in einer Mietwohnung geht. Das sehr beliebte Argument, in der Wohnung sei nicht „ordnungsgemäß“ geheizt und gelüftet worden, lässt den Mieter häufig in sehr schlechtem Licht und einer ungünstigen Position im Falle eines Rechtsstreites stehen.
Ein Grund mehr, sich ein wenig in die bauphysikalischen Zusammenhänge des Raumklimas einzuarbeiten. Denn man kann das Raumklima auch als einen Verbündeten bei einem Schimmel-Streitfall betrachten. Das Raumklima ist nämlich eine der wenigen Randbedingungen, auf die man als Mieter erheblichen Einfluss hat. Salopp gesagt: Wenn das Raumklima „in Ordnung“ ist und die Bude trotzdem gammelt, hat der Vermieter ein Problem, dass er nicht so ohne weiteres auf den Mieter abwälzen kann. Dann wäre eine Mietreduzierung (immer nur nach Rücksprache mit einem versierten Rechtsbeistand) durchaus angemessen, denn das Mietobjekt sollte ja eigentlich frei von Mängeln sein.
Vorab noch ein wichtiger Hinweis:
Dieser Text ist nicht als Rechtsberatung zu verstehen. Sich auf einen Rechtsstreit einzulassen ist immer mit einem Risiko behaftet. Ich rate dringend dazu, möglichst immer eine einvernehmliche Lösung mit dem Vermieter zu finden. In den meisten Fällen steht der finanzielle, zeitliche und nervliche Aufwand für eine juristische Auseinandersetzung nicht annähernd im Verhältnis zum Anlass des Rechtsstreites. Auch wenn man es kaum glauben mag: Sogar ein Auszug aus einem Mietobjekt eines uneinsichtigen Vermieters kann durchaus günstiger sein als eine Konfrontation mit ungewissem Ausgang.
Jetzt aber zum Raumklima (ganz ohne physikalische Formeln):
„Bauen ist der Kampf gegen das Wasser“
Dieser Satz gilt nicht nur (wie man denken könnte) in Bezug auf das Wasser aus der Umwelt wie Niederschläge, Hochwasser, Erd- und Luftfeuchte, sondern auch für die Feuchtigkeit, die bei Nutzung eines Wohnraumes frei wird (durch Körperausdünstungen, Kochen, Waschen usw.). Bei der in unseren Breitengraden gebräuchlichen Art des Wohnens mit Aufheizung der Räume in der kälteren Jahreszeit lässt sich die schimmelverursachende Feuchtigkeit normalerweise vortrefflich nach draußen befördern. Als Wohnungsnutzer kann ich die überschüssige Luftfeuchte umso effektiver entfernen, je größer der Temperaturunterschied zwischen Innen und Außen ist. Hierfür reicht es, dass Prinzip des Trockenlüftens anzuwenden, dass so alt ist, wie die Menschheit die Wärme des Feuers in ihren Behausungen nutzt. Wir müssen die frische (kalte) Luft von außen hereinlassen, um die mit Feuchtigkeit angereicherte Warmluft der Innenräume zu „verdünnen“ bzw. zu verdrängen. Der Trick ist, dass die kalte Außenluft deutlich weniger Wasser enthält (bei 5 °C und 100% rel. Feuchte z.B. unter 7 g/l Luft) als die fast 14 g Wasser pro Liter in abgestandener Innenraumluft (bei 80% rel. Luftfeuchte und 20°C Lufttemperatur). Die kalte und mit ihren 100% rel. Luftfeuchte „maximal-feuchte“ Außenluft wird im Innenraum durch die warmen Oberflächen schnell erwärmt, so dass die relative Feuchte schnell auf ca. 40 % sinkt. Als Ergebnis der Durchmischung mit der feuchtwarmen Innenraumluft wird so schnell ein Raumklima mit etwa 50-60% rel. Feuchte bei etwa 20°C erreicht.
Nicht wundern: Die relative Luftfeuchte im Raum steigt normalerweise schnell wieder an, weil es viele Oberflächen von z.B. Möbeln oder Wänden gibt, die die Luftfeuchte zwischenspeichern und nun an die Raumluft abgeben. Mehrfaches erneutes Stoßlüften führt bei konsequenter Durchführung über mehrere Tage zu dann deutlich langsamerem Ansteigen der Raumluftfeuchte, weil dann auch diese Zwischenspeicher abgetrocknet sind. Dieses Einstellen eines „schimmelfeindlichen“ Raumklimas ist effektiv nur möglich, wenn der Temperaturunterschied zwischen Innen und Außen mindestens 10°C (oder besser 15°C und mehr) beträgt. Es gibt für den Raumnutzer definitiv keine andere Möglichkeit, die Raumluftfeuchte zu reduzieren, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das Raumklima sich des Einflusses durch den Raumnutzer entzieht, wenn dieser Temperaturunterschied jahreszeitenbedingt nicht besteht. „Ordnungsgemäßes“ Mieterverhalten würde sich dann darauf beschränken, nicht all Zuviel Feuchtigkeit zu produzieren bzw. diese Feuchtigkeit gleich am Ort der Entstehung durch Lüften nach draußen abzutransportieren. Wenn also die Außenluft 15°, 20° oder gar 25°C warm ist und eine typische Luftfeuchtigkeit von 60 bis 80 % aufweist, kann der Vermieter nicht das in der DIN 4108 erwähnte Normklima in Innenräumen (20°C und 50% rel. Luftfeuchte) erwarten. Wenn das Gebäude wiederum aufgrund bauphysikalischer Mängel kalte bzw. feuchte Oberflächen aufweist, kann es zu Schimmelwachstum kommen, ohne das der Nutzer mit seinem Verhalten dazu beiträgt. Leider wird häufig genug Schimmelwachstum aufgrund von Kondensation reflexartig dem Mieter zugeschrieben, was in vielen Fällen einfach nicht den Tatsachen entspricht.
Nur wer um die Zusammenhänge weiß, kann gegen ungerechtfertigte Vorwürfe argumentieren und im Streitfall entsprechende Untersuchungen einfordern. Dazu gehören natürlich Raumklima-Messungen, die dann aber durch Außenluftmessungen erweitert werden sollten, um die klimatischen Rahmenbedingungen zu dokumentieren. Es gibt noch weitere Details, die bei Untersuchungen des Raumklimas einer Wohnung berücksichtigt werden sollten. Hierauf und auf die prinzipiellen Probleme bei der Ermittlung bauphysikalischer Eigenschaften von Wohngebäuden in Anlehnung an bestehende Vorschriften möchte ich im nächsten Blog eingehen.